Von der Rü-Bühne zur Szene 10

Die Rü-Bühne, ein kleines Theater mit 99 Plätzen in Essens angesagtem Stadtteil Rüttenscheid, schaffte seit 2006 Raum für ambitioniertes Schauspiel, Cabarét und Comedy. Im Programm fanden sich Eigenproduktionen des ca. 25 Mitglieder umfassenden Hausensembles, ein eigenes Kinder- und Jugendensemble und Gastspielgruppen aus der Region sowie ganz Deutschland. Gegründet von 14 ehrenamtlich arbeitenden Theaterleuten, verstand sie sich von jeher als Theater, das Nischen bedient. In seiner Funktion als Theaterwerkstatt wurden darüber hinaus Schauspielunterricht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten.

Insbesondere aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen und des Besucherrückgangs der vergangenen Jahre entstand jedoch der Wunsch nach einer Revitalisierung dieses Kulturortes.

Mit Raphael Batzik (Künstlerischer Leiter des Theater Essen-Süd & Vorstandsvorsitzender der Initiative freie Szene Essen), Aless Wiesemann, Thos Renneberg (beide Schauspieler*innen) und Anne Falk (freie Kulturschaffende) wurden versierte und aktive Mittäter*innen gefunden, die künftig voller Elan und Kreativität das alte Team unterstützen und das Programm neu zu gestalten suchen. Mit Beginn der Theatersaison 2023/ 2024 wandelt sich so das wahre Herz des Amateurspiels im Girardethaus zu einer professionellen Schmiede der Theaterkunst.

Um das Dramendreieck zu komplettieren wird sich das Haus darüber hinaus auch noch der Soziokultur – hier: Quartierskultur widmen. Es entsteht ein ambitioniertes soziokulturelles Konzept, deren Wunsch, Ziel und Gestalt sein wird, jegliche kulturelle Betätigungen von seiner elitären, distinguierenden und somit ausschließenden Zuschreibung zu befreien und der allen Menschen immanenten Seinskultur Impuls, Raum und Wertschätzung zu geben.

Um der gesamten Neuausrichtung in seinem befruchtenden, nährenden Ausmaß ein Gesicht zu geben und als Ausdruck der strukturellen Veränderung ihrer Persönlichkeit erhält die Rü-Bühne so mit Beginn der neuen Spielzeit einen neuen Namen: „Szene 10“.

Im klassischen Theater sind in Szene 10, direkt nach der Peripetie, die Hauptcharaktere bereits eingeführt. Das Thema hat Gestalt angenommen, die Örtlichkeiten sind vorgestellt. Zeit für eine erste Analyse, einen Wendepunkt, eine Neuerung, eine Überraschung. Es wird Spannung erzeugt um auf die bevorstehende Lösung hinzuarbeiten. Ihrem Entstehungsprozess folgend ein logischer nächster Schritt für die charmante kleine Rü-Bühne – in dem Wunsch nach Wachstum und kreativer Fruchtbarkeit.

Ihr lokales Umfeld hinterfragend wird sich die Szene 10 in der kommenden Zeit mit anspruchsvollen, aktuellen Themen wie auch Klassikern auseinandersetzen – ohne dabei ihre eigene Gestalt und ihr Temperament zu verlieren. Es gilt, alle Rüttenscheider*innen einzuladen, dem Veränderungsprozess des Hauses zu folgen und es für sich neu oder wieder zu entdecken.

Mit Hilfe einer kreativen Mischung aus unterhaltender aber auch aufklärender Stückauswahl beweist die Vielfalt des Programms der kommenden Spielzeit sofort den Bezug zur lebendigen Szene dieses quirligen, beliebten Stadtteils.

Wir sind angekommen, haben eine gute Ausbildung genossen, leben einen vermeintlich guten Lebensstandard in Rüttenscheid. Doch wer sind wir wirklich? Was macht uns aus? Was sind unsere Werte? Sind wir überheblich? Warmherzig? Offen für Andere, für Neues? Was steckt hinter der Fassade? Diesen Fragen möchte sich die Szene 10 mit aller Nachdrücklichkeit – voller Wucht, Härte und Wärme – stellen.

Vorhang auf für die gesellschaftliche Szeneanalyse! Vorhang auf für die Szene 10!

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